World Vision Österreich

Dieser Artikel behandelt die beiden Vereine namens World Vision Österreich. Weitere Artikel mit World Vision im Namen finden sich unter World Vision (Begriffsklärung).
World Vision Österreich
(WVÖ)
Logo
Rechtsform Verein
Gründung 2. Dezember 1998
Sitz Wien
Zweck Entwicklungszusammenarbeit, Humanitäre Hilfe, Katastrophenhilfe
Vorsitz Simon Wendelin
Geschäftsführung Sebastian Corti
Beschäftigte 25 (Stand 2024)
Website www.worldvision.at

World Vision Österreich – Verein für Entwicklungszusammenarbeit und Völkerverständigung ist ein im Dezember 1998 gegründeter Verein, der im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, Katastrophenhilfe und Anwaltschaft tätig ist. Langfristige Regionalentwicklungsprojekte werden in erster Linie durch Kinderpatenschaften finanziert.

Der eigenständige, gemeinnützige Verein mit Sitz in Wien hat rund 25 Mitarbeiter (Stand 2024)[1] und ist seit Mitte 1999 Mitglied der überkonfessionellen internationalen World Vision Partnerschaft (World Vision International WVI), die wie alle ihrer Mitglieder ausgerichtet und evangelikal verankert ist.[2][3]

Projekte

International

World Vision Österreich betreut, die über Spenden und Mittel der UN bzw. aus der Europäischen und Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit finanziert werden. Die langfristigen Regionalentwicklungsprojekte in den Ländern wie Mosambik, Myanmar, Sierra Leone, Eswatini, Tansania und Vietnam werden über Kinderpatenschaften finanziert.

Schwerpunkte dieser Projektarbeit sind die Bereiche Wasser und Hygiene, Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung, Bildung, Kinderschutz sowie Einkommensförderung und wirtschaftliche Entwicklung.

Die Projekte verstehen sich als Hilfe zur Selbsthilfe und zielen auf langfristige Veränderungen ab. Die Inhalte werden mit der Bevölkerung vor Ort erarbeitet und anschließend unter Einbindung der Bevölkerung umgesetzt. Ziel ist es, den Menschen die nötigen Werkzeuge in die Hand zu geben, die sie benötigen, um nach Projektende selbständig weiterarbeiten zu können. Sobald dieses Ziel erreicht ist – im Schnitt dauert das rund 15 Jahre -, übergibt World Vision das Projekt an die Bevölkerung und zieht sich aus der Region zurück.

Öffentlich finanzierte Projekte sind ein weiterer Teil der Arbeit von World Vision. Neben humanitärer Hilfe werden dabei auch Aktivitäten aus der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt. Der Fokus liegt vor allem auf der Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern[4].

Schwerpunktprojekte, die von öffentlicher Hand (Grants) oder von Firmen und Gruppen sowie Privatpersonen finanziert werden, fokussieren auf bestimmte Bereiche wie Bildung oder Gesundheit. In Ländern wie Mosambik oder Lesotho kann der Fokus auch auf Katastrophenvorsorge liegen, während in Uganda und Sambia sowohl Flüchtlings- als auch Aufnahmegemeinschaften wirtschaftliche Unterstützung erhalten[5].

Der Verein beteiligt sich durch Spendenaufrufe auch an der Finanzierung internationaler Katastrophenhilfseinsätze, etwa nach Erdbeben, Wirbelstürmen oder Überschwemmungen und auch in politischen Krisengebieten. So ist World Vision Österreich gemeinsam mit World Vision International seit Jahren in Syrien[6] und in der Ukraine[7] engagiert. World Vision arbeitet bei allen Katastropheneinsätzen eng mit den beteiligten UN-Organisationen und anderen Hilfsorganisationen zusammen[8] und bleibt in der Regel auch nach der akuten Phase vor Ort, um beim Wiederaufbau zu helfen.

Österreich

In Österreich trägt der Verein dazu bei, durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit Bewusstsein für die Ursachen von Armut, Hunger und Ungerechtigkeit zu schaffen. Im Rahmen der politischen Anwaltschaftsarbeit sieht World Vision Österreich seine Aufgabe darin, den Staat bei der Umsetzung seiner Versprechen in der Entwicklungszusammenarbeit zu beobachten und auf Versäumnisse hinzuweisen.[9]

Finanzierung

Der Verein gehörte am 14. November 2001 zu den ersten 44 Organisationen, die das Österreichische Spendengütesiegel verliehen bekamen[10].

Der Verein finanziert sich zu etwa einem Drittel aus privaten Spenden, aber auch durch öffentliche Gelder vor allem aus der Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe der österreichischen Bundesregierung und der Europäischen Union sowie der Vereinten Nationen. Mit Hilfe von rund 16.000 Paten und Spendern unterstützt die Organisation Kinder, deren Familien und ihr Umfeld in den langfristigen Programmen.[11]

Mitgliedschaften, Arbeitsbeziehungen und Netzwerke

Der Verein ist Mitglied bei World Vision International[3] und AGGV Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe.[12] Der Verein engagiert sich in den letzten Jahren verstärkt in der als Anwaltschaftsarbeit bezeichneten Lobbyarbeit und ist in verschiedenen thematischen Netzwerken tätig, die in engem Zusammenhang mit den Regionalentwicklungsprojekten in Ländern des Südens stehen. So ist World Vision Österreich unter anderem Mitglied des österreichischen Aktionsbündnisses gegen HIV/AIDS[13], bei VOICE (Voluntary Organisations in Cooperation in Emergencies)[14], sowie bei ECPAT (End Child Prostitution and Trafficking), das für eine Verbesserung des Schutzes und der Rehabilitation der Opfer von Kinderhandel und Kinderprostitution eintritt.[15]

Vorgänger: „World Vision Österreich - Christliches Hilfswerk“ (bis 1998)

Der ursprüngliche Verein „World Vision Österreich – Christliches Hilfswerk“ war von 1976 bis 1998 in Österreich tätig.

Ein Antrag von World Vision um Aufnahme in die österreichische Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit (AGEZ) wurde 1996 abgelehnt. Die Begründung lautete: „World Vision Österreich erfüllt weder unsere Kriterien von Transparenz und Offenlegung der Einnahmen noch entspricht ihre Arbeit unseren Anforderungen an Entwicklungszusammenarbeit.“ (Südwind-Magazin[16])

Im Jahr 1998 zeigten sich bei zwei Überprüfungen (peer reviews) durch die internationale World Vision Partnerschaft Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung und in der Dokumentation der Patenschaften[17], die sich zum Verdacht der Veruntreuung seitens der damaligen Geschäftsführung verdichteten. Da sich die Geschäftsführung jedoch konsequent einer Aufklärung verweigerte, schaltete das World Vision-Vereinsmitglied Josef Stiegler die österreichischen Behörden ein, die eine gründliche Untersuchung veranlasste. Am 26. November 1998 wurde das damalige Führungsduo in Untersuchungshaft genommen.[18] Die Untersuchung ergab schließlich eine umfangreiche Veruntreuung von Spendengeldern durch die damalige Geschäftsführerin Martina Krones-Taurer. World Vision International setzte rechtliche Schritte um dem Verein die Namensrechte zu entziehen.[19] Der Verein wurde noch im November 1998 aufgelöst.

Der Spendenskandal hatte eine sehr hohe mediale Präsenz in Österreich, unter anderem, weil der Kaiser-Enkel und damalige Europaabgeordnete Karl Habsburg-Lothringen zeitweise dem Vorstand von World Vision Österreich angehört hatte.

Wirtschaftsprüfer der KPMG bestätigten Geldflüsse von der Organisation zur Paneuropa-Union, hierbei flossen Spendengelder in den EU-Wahlkampf 1996 der ÖVP, auf deren Listenplatz zwei Karl Habsburg für das Europaparlament kandidierte.[20][21] Anton Heinz Struppy, der 1998 gleichzeitig für die Paneuropabewegung und World Vision Österreich arbeitete[22], betrieb anschließend bis 30. Juni 2010 einen Finanzservice.[23]

In Folge wurde gegen die damalige Präsidentin und Geschäftsführerin Martina Taurer-Krones[24] und ihren Ehemann Wolfgang Krones Anzeige erstattet. Unter anderem wurde ihnen vorgeworfen, Spendengelder in der Höhe von insgesamt 1,1 Millionen Euro veruntreut und für private Zwecke, wie z. B. Reisen, ausgegeben zu haben. Nach einem langwierigen gerichtlichen Vorverfahren wurde im November 2003 der Prozess eröffnet. Im September 2004 wurde Martina Taurer-Krones zu drei Jahren Haft ohne Bewährung und Wolfgang Krones als Mittäter zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Die des „Mitwissens“ angeklagte ehemalige Finanzreferentin von „World Vision Österreich - Christliches Hilfswerk“ wurde freigesprochen. Erst 2004 zahlte Karl Habsburg 36.899 Euro an den Nachfolgeverein von World Vision zurück, die – nach seinen Angaben ohne sein Wissen – in die Finanzierung seines Wahlkampfes geflossen waren.[25]

Josef Stiegler gründete noch im Dezember 1998 die Nachfolgeorganisation World Vision – Gesellschaft für Entwicklungshilfe und Völkerverständigung. Der Verein früher auch World Vision GEV und GEV abgekürzt.

Aufgrund des Spendenskandals um den Vorgänger-Verein „World Vision Österreich – Christliches Hilfswerk“ wird besonders auf verantwortungsvollen Umgang mit den Spendengeldern und öffentliche Nachvollziehbarkeit geachtet und Wert darauf gelegt, dass keine Verbindung zum Vorgänger besteht, dessen Partnerschaft mit WVI von WVI 1998 wegen Veruntreuung von Spendengeldern beendet wurde.[26][27]

  • Offizielle Website von World Vision Österreich

Einzelnachweise

  1. Unser Team, auf worldvision.at
  2. Anhang D Covenant of Partnership in Greame Irvine: Best Things in the Worst Times: An Insiders View of World Vision. BookPartners, Inc. (1996) verpflichtet jedes Mitglied auf ein von der amerikanischen National Association of Evangelicals entlehntes Statement of Faith
  3. a b United Nations Industrial Development Organization: Matters related to intergovernmental, non-governmental and other organisations - Applications from non-governmental organizations for consultative status vom 2. Mai 2002, auch online (PDF; 18 kB). „Dachverband“ – wörtlich: umbrella organisation. Zitat: Each member organization is autonomous while working within the WVI network. All members have an equal vote within the inter-national council of WVI.
  4. Austrian Development Agency. Abgerufen am 3. Juni 2024. 
  5. World Vision Österreich | Jahresberichte. Abgerufen am 3. Juni 2024 (deutsch). 
  6. ORF at/Agenturen red: Mehr als 5.000 Tote: Tausende neue Helfer in Bebengebiet. 7. Februar 2023, abgerufen am 3. Juni 2024. 
  7. World Vision Ukraine Crisis Response in Moldova - Moldova | ReliefWeb. 26. September 2023, abgerufen am 3. Juni 2024 (englisch). 
  8. World Vision | ReliefWeb. 31. Mai 2024, abgerufen am 3. Juni 2024 (englisch). 
  9. Österreichische Entwicklungszusammenarbeit. Abgerufen am 30. Juni 2010. 
  10. Spenden-Engagement muss belohnt werden: Organisationen fordern steuerliche Absetzbarkeit. 14. November 2003, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 30. Juni 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/www.osgs.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) 
  11. World Vision Österreich | Jahresberichte. Abgerufen am 3. Juni 2024 (deutsch). 
  12. AG Globale Verantwortung: Mitgliedsorganisationen
  13. http://www.aidskampagne.at/
  14. http://www.ngovoice.org/index.php?page=121
  15. 3. Weltkongress gegen Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie 2008. Abgerufen am 30. Juni 2010. 
  16. Südwind-Magazin: Umstrittene Kinderpatenschaften – World Visions Methoden waren der „Szeneb“ von Anfang an suspekt. Ausgabe 01/1999, Seite 8.
  17. Austrian Development Agency: World Vision Österreich: Kofinanzierte Projekte in Afrika (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive). Archiv 04/1999.
  18. Andreas Khol, Günther Ofner, Alfred Stirnemann: Österreichisches Jahrbuch für Politik 1998, R. Oldenbourg, 1998, ISBN 978-3-7028-0362-9, S. 696.
  19. Vgl. Rückblick der Zeitschrift Datum (Memento vom 14. Mai 2007 im Internet Archive)
  20. Hans-Peter Martin: "Österreich: Gelber Stern". Der Spiegel, 21. Dezember 1998, abgerufen am 5. Dezember 2009. 
  21. hagalil.com: „Unkorrekte Geldflüsse“ - Nach Prüfbericht steigt Druck auf Habsburg
  22. Algoprint: Club Carriere - Enzyklopädie des Erfolges 1998, Algoprint Verlags AG, 1998, ISBN 3-9521669-0-1, ISBN 978-3-9521669-0-1, S. 710.
  23. Anton Heinz Struppy: Impressum. Abgerufen am 1. Juli 2010. 
  24. Die Presse: Betrugsprozess: Krones-Taurer erneut angeklagt. 26. Januar 2007
  25. Rückblick der Zeitschrift Datum (Memento vom 14. Mai 2007 im Internet Archive)
  26. Wiener Zeitung: Gütesiegel für World Vision GEV (Stand: 6. April 2005). Abgerufen am 8. September 2012
  27. World Vision Österreich: Geschichte. Abgerufen am 4. Juni 2012