Metolachlor

Strukturformel
Struktur von Metolachlor
Gemisch von vier Stereoisomeren (Enantiomere und Atropisomere), siehe Stereochemie
Allgemeines
Name Metolachlor
Andere Namen
  • (RS)-2-Ethyl-6-methyl-N-(1′-methyl-2′-methoxyethyl)chloracetanilid
  • Dual
Summenformel C15H22ClNO2
Kurzbeschreibung
  • in reiner Form geruchlose, farblose bis weiße Flüssigkeit[1]
  • in technischer Form braune, ölige, sehr schwer entzündliche Flüssigkeit mit leicht süßlichem Geruch[2]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 51218-45-2
  • 87392-12-9 (S)-Metolachlor[S 1]
  • 178961-20-1 (R)-Metolachlor[S 2]
EG-Nummer 257-060-8
ECHA-InfoCard 100.051.856
PubChem 4169
ChemSpider 4025
Wikidata Q409598
Eigenschaften
Molare Masse 283,80 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[2]

Dichte

1,12 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

−62,1 °C[2]

Siedepunkt
  • 406,8 °C[3]
  • 100 °C (0,001 hPa)[2]
Dampfdruck
  • <0,1 Pa (20 °C)[2]
  • 1,70·10−5 mbar (20 °C)[4]
Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[5] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 317​‐​410
P: 261​‐​272​‐​273​‐​280​‐​302+352​‐​333+313[2]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Metolachlor ist ein Gemisch von vier isomeren chemischen Verbindungen aus der Gruppe der Carbonsäureamide und Chloracetanilide. Die mindestens 80 % des (S)-Enantiomers enthaltende S-Metolachlor genannte Form war in der EU bis 2024 als Herbizid (Unkrautbekämpfungsmittel) zugelassen.

Geschichte

Metolachlor wurde von Ciba-Geigy entwickelt. In den 1970er Jahren wurde die Wirkung von (rac)-Metolachlor beobachtet und ein Syntheseverfahren und ein Patent angemeldet. Ab 1978 wurde die Verbindung in großem Umfang (>10.000 t pro Jahr) produziert und ab 1982 die Stereoisomere in ihrer Wirkung einzeln untersucht, wobei sich die besondere Wirksamkeit von (S)-Metolachlor herausstellte. Nach einigen Versuchen mit Katalysatoren aus Rhodium- und Iridiumverbindungen wurde 1993 ein Prozess mit einem Iridium-Josiphos-Komplex (Iridiumferrocenyldiphosphin) für die großtechnische Produktion entwickelt. Im gleichen Jahr lief das Patent für (rac)-Metolachlor aus und 1996 startete die großtechnische Herstellung von (S)-Metolachlor.[6] Heute stellt dieses eines der am häufigsten eingesetzten Herbizide in den USA dar. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist (RS)-Metolachlor in keinem zugelassenen Pflanzenschutzmittel enthalten.[7] (S)-Metolachlor war dagegen in vielen Staaten der EU und ist nach wie vor in der Schweiz in mehreren Pflanzenschutzmitteln enthalten. Entsprechend ist das Grundwasser in der Schweiz mit Metolachlor und den verschiedenen Metaboliten von Metolachlor belastet.[8]

Gewinnung und Darstellung

Metolachlor wird heute durch stereoselektive Synthese gewonnen. Es kann durch Reaktion von 6-Ethyl-2-toluidin mit Methoxyaceton oder 2-Brommethoxypropan und anschließende Reaktion mit Chloressigsäurechlorid gewonnen werden.[9]

Stereochemie

Metolachlor kommt in zwei enantiomeren Formen vor (R)- bzw. (S)-Metolachlor, wobei die (S)-Form die wirksamere ist. Deshalb werden seit einiger Zeit Herstellungsverfahren bevorzugt, bei welcher vermehrt die (S)-Form erzeugt wird. Die mindestens 80 % des (S)-Enantiomers enthaltende Form wird S-Metolachlor (ISO-Name) genannt.[10]

Die vier Stereoisomere von Metolachlor
Die vier Stereoisomere von Metolachlor

Eine Besonderheit besteht darin, dass die beiden Epimere zusätzlich als Atropisomere vorliegen, es gibt also vier Stereoisomere des Metolachlors. Beide Atropisomere von (S)-Metolachlor [(αR,1' S)- und das (αS,1' S)-Isomere] haben die gleiche biologische Wirkung.[11] Andererseits sind beide Atropisomere von (R)-Metolachlor [(αR,1' R)- und (αS,1' R)-Isomer] inaktiv.[12]

Eigenschaften

Metolachlor ist eine in reiner Form geruchlose, farblose bis weiße Flüssigkeit[1]; in technischer Form liegt das Gemisch als braune, ölige, sehr schwer entzündliche Flüssigkeit mit leicht süßlichem Geruch vor. Der Flammpunkt liegt bei 190 °C.[2]

Verwendung

Metolachlor wird als Herbizid (häufig auch in Kombination mit anderen Herbiziden wie z. B. Terbuthylazin oder Atrazin) gegen Gräser und Hirseunkräuter bei Mais, Sojabohnen, Erdnüssen und Baumwolle eingesetzt. Es wirkt durch Hemmung von Elongasen und der Geranylgeranyl-Pyrophosphat (GGPP) Zyklisierungsenzyme bei Gibberellinen.

In Deutschland waren Herbizide mit dem Wirkstoff (S)-Metolachlor unter den Namen Gardo Gold und Dual Gold zugelassen.

In den USA wurde von 1998 bis 2002 (RS)-Metolachlor durch (S)-Metolachlor ersetzt, von dem 2012 mehr als 18.000 Tonnen eingesetzt wurden.

Geschätzte Ausbringungsmenge von (RS)-Metolachlor und (S)-Metolachlor 2012 in den USA

Sicherheitshinweise

Die Verwendung von Metolachlor in Dekorationsgegenständen und Spielen ist nicht zugelassen. Es wirkt auf Wasserorganismen sehr giftig.[2]

Zulassung

In der Europäischen Union war S-Metolachlor ab 2005 zugelassen. Die Zulassung lief zum 22. Januar 2024 aus, sodass Staaten der EU ihre Zulassung bis 23. April 2024 widerrufen mussten. Es wurde eine Aufbrauchfrist bis maximal 23. Juli 2024 festgelegt. In Deutschland sowie Österreich sind keine Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff S-Metolachlor mehr erhältlich. In der Schweiz sind die Zulassungen noch gültig.[13][14]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d Datenblatt Metolachlor bei Extoxnet, abgerufen am 12. Juni 2016.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o Eintrag zu Metolachlor in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Juni 2024. (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag zu Metolachlor in der Pesticide Properties DataBase (PPDB) der University of Hertfordshire, abgerufen am 20. Juni 2024.
  4. Kröhl, T.; Kästel, R.; König, W.; Ziegler, H.; Köhle, H.; Parg, A.: Methods for Determining the Vapour Pressure of Active Ingredients Used in Crop Protection. Part V: Thermogravimetry Combined with Solid Phase MicroExtraction (SPME) in Pestic. Sci. 53 (1998) 300–310.
  5. Eintrag zu S-metolachlor (ISO); 2-chloro-N-(2-ethyl-6-methylphenyl)-N-[(2S)-1-methoxypropan-2-yl]acetamide; (RaSa)-2-chloro-N-(6-ethyl-o-tolyl)-N-[(1S)-2-methoxy-1-methylethyl]acetamide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 30. Dezember 2019. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. Hans-Ulrich Blaser, Elke Schmidt: Asymmetric catalysis on industrial scale: challenges, approaches and solutions. Wiley-VCH, Weinheim 2004, ISBN 3-527-30631-5, S. 68.
  7. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Metolachlor in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 11. März 2016.
  8. Pflanzenschutzmittel im Grundwasser. In: bafu.admin.ch. Abgerufen am 4. November 2019. 
  9. Thomas A. Unger: Pesticide Synthesis Handbook. William Andrew, 1996, ISBN 0-8155-1853-6, S. 37 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). 
  10. Fernando Álvarez, Maria Arena, Domenica Auteri, Marco Binaglia, Anna Federica Castoldi, Arianna Chiusolo, Angelo Colagiorgi, Mathilde Colas, Federica Crivellente, Chloé De Lentdecker, Isabella De Magistris, Mark Egsmose, Gabriella Fait, Franco Ferilli, Varvara Gouliarmou, Laia Herrero Nogareda, Alessio Ippolito, Frédérique Istace, Samira Jarrah, Dimitra Kardassi, Aude Kienzler, Anna Lanzoni, Roberto Lava, Renata Leuschner, Alberto Linguadoca, Christopher Lythgo, Oriol Magrans, Iris Mangas, Ileana Miron, Tünde Molnár, Laura Padovani, Martina Panzarea, Juan Manuel Parra Morte, Simone Rizzuto, Rositsa Serafimova, Rachel Sharp, Csaba Szentes, Andras Szoradi, Andrea Terron, Anne Theobald, Manuela Tiramani, Giorgia Vianello, Laura Villamar‐Bouza: Peer review of the pesticide risk assessment of the active substance S‐metolachlor excluding the assessment of the endocrine disrupting properties. In: EFSA journal., Band 21, Nummer 2, 2023. doi:10.2903/j.efsa.2023.7852.
  11. H.-U. Blaser: The Chiral Switch of (S)-Metolachlor: A Personal Account of an Industrial Odyssey in Asymmetric Catalysis. In: Advanced Synthesis & Catalysis. Band 344, Nr. 1, 2002, S. 17–31, doi:10.1002/1615-4169(200201)344:1<17::AID-ADSC17>3.0.CO;2-8. 
  12. H.-U. Blaser: Industrielle asymmetrische Hydrierung ”Made in Switzerland“. In: Nachrichten aus der Chemie. Band 58, Nr. 9, 2010, S. 864–867, doi:10.1002/nadc.201074031. 
  13. Widerruf der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff S-Metolachlor. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), 22. Januar 2024, abgerufen am 19. Juni 2024. 
  14. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu S-Metolachlor in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 19. Juni 2024.

Anmerkungen

  1. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu (S)-Metolachlor: CAS-Nummer: 87392-12-9, EG-Nummer: 618-004-1, ECHA-InfoCard: 100.133.472, PubChem: 11140605, ChemSpider: 9315717, Wikidata: Q27157051.
  2. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu (R)-Metolachlor: CAS-Nummer: 178961-20-1, ECHA-InfoCard: 100.149.210, PubChem: 11601631, ChemSpider: 9776388, Wikidata: Q27157049.