Feststickstoff

Feststickstoff auf Plutos Oberfläche; links und oben Berge aus Wassereis (2015, Bildausschnitt ca. 80 km breit)

Feststickstoff ist Stickstoff im festen Aggregatzustand, der unter Normaldruck bei Temperaturen unter 63,05 K (−210,1 °C) existieren kann. Er wurde erstmals 1884 hergestellt. Feststickstoff ist hauptsächlich Gegenstand akademischer Forschung. Er ist zudem ein wesentlicher Bestandteil von Himmelskörpern im äußeren Sonnensystem. Bei hoher Temperatur und hohem Druck ist Feststickstoff ein starker Sprengstoff mit höherer Energiedichte als jedes andere nichtradioaktive Material.[1]

Herstellung

Karol Olszewski beobachtete erstmals 1884 festen Stickstoff: Zunächst verflüssigte er Wasserstoff durch Verdampfen von Flüssigstickstoff; dann fror der Flüssigwasserstoff den Stickstoff ein. Damit erzeugte Olszewski auch die extrem niedrige Temperatur von 48 K (−225,15 °C), seinerzeit ein Weltrekord.[2][3]

Moderne Techniken folgen meist einem ähnlichen Ansatz: Feststickstoff wird normalerweise in einem Labor durch Verdampfen von Flüssigstickstoff im Vakuum hergestellt. Der erzeugte Feststoff ist porös.[4]

Vorkommen

Ein großer Teil der Oberflächen von Pluto und des Neptunmondes Triton besteht aus Feststickstoff. Auf Pluto wurde Feststickstoff erstmals im Juli 2015 von der Raumsonde New Horizons direkt beobachtet und auf Triton im August 1989 von der Raumsonde Voyager 2.[5][6][7]

Feststickstoff ist ziemlich flüchtig und neigt zur Sublimation (Phasenübergang), da er, im Vergleich zu anderen Materialien, bei niedrigem Druck nur geringe Kohäsion aufweist. Seine Dichte ist jedoch höher als die von Wassereis, das daher durch natürlichen Auftrieb an dessen Oberfläche transportiert wird. Tatsächlich beobachtete New Horizons auf Feststickstoff „schwimmendes“ Wassereis auf der Oberfläche von Pluto.[5]

Auf Triton nimmt Feststickstoff die Form von Frostkristallen und einer transparenten Schicht aus angetautem Stickstoffeis an, die oft als „Glasur“ bezeichnet wird. Voyager 2 beobachtete Ausbrüche von Stickstoffgas nahe dem Südpol von Triton. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen ist, dass die Strahlung der Sonne durch die transparente Feststickstoffschicht dringt und die darunter liegenden Schichten erwärmt. Dadurch sublimiert der Stickstoff und tritt schließlich durch Löcher in der oberen Schicht aus.[7][8]

Verwendung

Feststickstoff wird mit Flüssigstickstoff vermischt, um Dinge schneller abzukühlen als mit Flüssigstickstoff allein, was für Anwendungen wie die Kryokonservierung von Spermien nützlich ist.[9] Die halbfeste Mischung wird auch als Slush-Stickstoff bezeichnet.[10]

Auch wird Feststickstoff für die Matrixisolation von reaktiven Teilchen wie z. B. freien Radikalen oder isolierten Atomen verwendet.[11]

Commons: Feststickstoff – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Structural Transformation of Molecular Nitrogen to a Single-bonded Atomic State at High Pressures. In: anl.gov. Abgerufen am 21. Mai 2024 (amerikanisches Englisch). 
  2. Karol Olszewski: Nouveaux essais de liquéfaction de l'hydrogène. Solidification et pression critique de l'azote. 11. Februar 1884, abgerufen am 21. Mai 2024 (französisch). 
  3. Toward Absolute Zero: During the past three centuries attempts to approach the absolute zero of temperature have led to the discovery of many important phenomena, including superconductivity and superfluidity. 1. Januar 1977, S. 752–758, bibcode:1977AmSci..65..752C, JSTOR:27848176. 
  4. Peculiarities of heat transfer in porous solid nitrogen. September 1972, S. 1075–1085, doi:10.1007/BF00832213, bibcode:1972JEP....23.1075M. 
  5. a b E.G.D. Cohen: Pluto’s Mysterious, Floating Hills | NASA. 29. Mai 2016, abgerufen am 21. Mai 2024. 
  6. Karol Olszewski: Flowing nitrogen ice glaciers seen on Pluto's surface. In: ABC News. 24. Juli 2015 (net.au [abgerufen am 21. Mai 2024]). 
  7. a b Tilman Spohn, Doris Breuer, Torrence Johnson: Encyclopedia of the Solar System. Elsevier, 2014, ISBN 978-0-12-416034-7 (google.de [abgerufen am 21. Mai 2024]). 
  8. Solar System Exploration: Planets: Neptune: Moons: Triton: Overview. 15. Oktober 2011, abgerufen am 21. Mai 2024. 
  9. Marina Julia Sansiñena, María Victoria Santos, Noemí Zaritzky, Jorge Chirife: Comparison of heat transfer in liquid and slush nitrogen by numerical simulation of cooling rates for French straws used for sperm cryopreservation. 2011 (edu.ar [abgerufen am 21. Mai 2024]). 
  10. Eliane Schutte, Grace Lee Picciolo, David S. Kaplan: Tissue Engineered Medical Products (TEMPs). ASTM International, 2004, ISBN 978-0-8031-3471-3 (google.de [abgerufen am 21. Mai 2024]). 
  11. Edwin D. Becker, George C. Pimentel: Spectroscopic Studies of Reactive Molecules by the Matrix Isolation Method. 1956, abgerufen am 21. Mai 2024 (englisch).